Maritimes Museum Hamburg
Hamburg - die Stadt,  Hamburg & mein Norden

Im Maritimen Museum der Speicherstadt

Lust auf Meer – oder: wie wird ein Gemälde lebendig

Gedanken zur Bildbetrachtung von sogenannten „Seestücken“ im 6. Stock des Maritimen Museums bei einem Besuch 2011

Das Maritime Museum in Hamburg ist ein Museum der Superlative: Es beherbergt die größte private Schiffsmodellsammlung der Welt, die ihrer­seits die weltweit größte Miniaturschiff-Sammlung einschließt. Und dieses größte inter­nationale Schifffahrtsmuseum ist unter­gebracht im größten und ältesten noch erhaltenen Speichergebäude der alten Hamburger Speicherstadt.

Der alte Kaispeicher

Mit viel Liebe und Sorgfalt wurde der  alte „Kaispeicher B“ von 1879 in den Jahren 2005 bis 2006 eigens für die maritime Sammlung von Peter Tamm renoviert. Von der Struktur des Gebäudes ist fast alles im Original erhalten geblieben: die schweren Eisen­träger, das kräftige Holz­gebälk und die Speicherböden, hier ganz maritim „Decks“ genannt, mit ihren nach frischem Holz und Bohnerwachs duftenden Dielen, die bei jedem Schritt knarren. Selbst die Schritte der Besucher im Deck darüber sind hörbar.

In einem eigens dafür geschaffenen Innenhof auf Deck Nr. 2 beeindruckt ein riesiges hängendes Modell der „Wappen von Hamburg III“, für dessen Kulisse ein Gemälde auf Kinoleinwanddimension ver­größert wurde:

Schäumende und wogende Wellen täuschen eine Lebendigkeit vor, die inmitten der vielen Sammlerstücke nur schwer zu finden ist.

Das Original des Bildes befindet sich ebenfalls im Museum, es ist eines der besonderen Exponate der Gemäldegalerie.

Die riesige Leinwand weckt Emotionen und die Lust auf Meer – auf mehr Meer. Wo nur in all dieser Vielfalt der Ausstellungsstücke beginnen? Wo eintauchen? Die Sammlung ist mit einen einzigen Museumsbesuch kaum zu erfassen.

Die Gemäldegalerie

Die Neugier auf das Original, lenkt die Schritte auf Deck Nr. 8, in die Gemälde­galerie. Dieses „Seestück“ von Johannes Holst (1880-1965), den Museumsgründer Peter Tamm persönlich kannte, entstand 1913. Nichts lenkt beim Betrachten ab von diesem Stück See. Kein Schiff, kein Land – nur Wasser, und über dem Stück Meer ein Stück grauer, bewölkter Himmel mit der Andeutung eines Sonnenstrahls, der sich durch die schweren Wolken kämpft und die Spitzen der Wellenberge bereits erreicht hat.

Der wogende Rhythmus der aufgewühlten See ist spürbar, ebenso wie der gnadenlose Wind, der beklemmende Luftdruck, der Geruch von Jod, die Feuchte der Gischt…

Das Bild wird vor dem Auge lebendig. Die knarrenden Dielen sind passend.

Zwei weitere Gemälde dieser Art zeigt die Ausstellung inmitten aller Segler, Fregatten, Koggen und Kriegsschiffe. Ein Maler mit dem langen Namen Carl-Wilhelm Hugo Schnars-Alquist (1855-1935) malte 1920 den „Sturm im Atlantik“. Auch hier bewegte See, der Himmel jedoch ein wenig freundlicher, blau, mit hellgrauen und weißen Wolken.

Die Wolken bewegen sich schnell, die See ist aufge­peitscht.

Doch anders als beim ersten „Seestück“ ist hier eine Richtung zu spüren, aus der der Wind kommt, aus der dieser Wellen und Wolken vor sich her treibt. Ein riesiger Wellenkamm mit weißer Schaumkrone durch­­zieht das Bild, überdeckt den gedach­ten Horizont, hoch und langgestreckt, kleinere schäumende Wogen im Wellental vor sich hertreibend.

Das dritte Bild von Claus Bergen (1885-1964) mit dem Namen „Weites Meer“ verrät nicht, wann es geschaffen wurde. Doch wie sein Titel schon aussagt, steht nicht die aufgewühlte See im Fokus der Darstellung sondern seine Weite. Der Horizont durch­schneidet das Bild mittig, ein Segelschiff ist winzig auf der Horizontlinie angedeutet. Das Meer ist bewegt, doch die Wellen sind verteilt. Ein blasser Himmel mit gelblich-grauen Wolken, von der Sonne durchbrochen,  die sich im Auf und Ab der Wellen spiegelt.

Die Weite ist spürbar, doch auch ein Gefühl der Ruhe breitet sich aus, der Wunsch sich wiegen und schaukeln zu lassen, sich dieser Weite hinzu­geben, den Blick in die Ferne schweifen zu lassen.

Die Faszination vom Spiel der Wellen hat müde gemacht. Das Café im Erdgeschoss lädt ein, sich auszuruhen. Der nächste Besuch wird einem anderen Thema gewidmet, denn einen nächsten Besuch gibt es bestimmt – für den, der bereit ist, einzutauchen in die Vielfalt der maritimen Welt.