
Am Stuhlmannbrunnen
Meine Kindheit in Altona
Dieser Text entstand im Februar 2019 nach einem Spaziergang durch den Park
Kürzlich lief ich wieder einmal am Stuhlmannbrunnen vorbei. Hamburg-Altona. Meine Kindheit in den 60-er Jahren.
An der Hand meiner Urgroßmutter wackelte ich in den Park, zum Platz der Republik. Für mich nur „der Park“. Mittendrin der Brunnen. Von Klein auf weiß ich, was Zentauren sind: Kreaturen aus der Legende – oben Mann und unten Pferd, die hier in riesiger Dimension dargestellt sind – im Kampf um einen großen Fisch, miteinander verstrickt und verknäult.
Als kleines Mädchen hatte ich Schwierigkeiten, den Körpern der Giganten die einzelnen Gliedmaßen zuzuordnen. Hier ein Huf, dort ein Schweif, da oben eine Hand…
Echsen sowie Fabelwesen aus dem Meer sitzen auf der Brunnenmauer um die kämpfenden Figuren herum, einige davon als Wasserspeier. Ich konnte wohl gerade mal über die Brüstung des Brunnens schauen und versuchte, die kleinen Hände ins Wasser zu tauchen. Die Oma passte auf, dass die Ärmel nicht nass werden.

Die Stadtführerin erzählt
Heute bin ich selbst als Stadtführerin unterwegs und kann den Teilnehmern meiner Touren eine Menge erzählen: vom Kampf der zwei benachbarten Städte an der Elbe, Hamburg und Altona, um den Fischfang und den Fischmarkt. Zwei Städte, die erst seit rund achtzig Jahren vereint sind, jahrhundertelang jedoch in Konkurrenz miteinander lagen.
Altona, lange Zeit dänisch, nach der Legende für die Hamburger „all zu nah“ gelegen: Al-to-na.
Im Jahr 1900 wurde der repräsentative Brunnen eingeweiht – nach dem Entwurf von Paul Türpe von Kupferschmied Otto Bommer gebaut. Er wurde gestiftet von Günther Ludwig Stuhlmann, dem damaligen Gründer und Direktor der Altonaer Gas- und Wasseranstalt AG.
Beim Anblick der Zentauren, und erst recht, wenn in der warmen Jahreszeit das Wasser in hohem Bogen aus dem umkämpften Fisch in die Höhe schießt und wieder herunterplätschert, fühle ich mich wieder zurückversetzt in meine frühe Kindheit, in die Gegenwart meiner geliebten, längst verstorbenen Urgroßmama.
